Freitag, 15. Februar 2008

Neues aus Mittelerde

Guten Tag zusammen!

Ach, ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll. Ich denke seit fünf Minuten über einen guten Einstieg nach. Es will mir jedoch nichts Angemessenes einfallen. Ich werde einfach dort anknüpfen wo der letzte Bericht endete, nämlich in Akaroa.

Nach dem wir eine ruhige Nacht in diesem knutsch-süßen Hostel verbracht haben (auf den gemachten Betten lagen ein Handtuch, ein paar wärmende Puschen und eine Wärmflasche!) sind wir in Richtung „Arthur’s Pass“ aufgebrochen.

Dieser Pass liegt auf ca. 950 Metern Höhe und die Straße hinauf bot schon einen fantastischen Ausblick auf die umliegende Gebirgslandschaft. Auf dem Pass angekommen frönten wir erst mal wieder unserer Lieblingsbeschäftigung der letzten Wochen. Fotografieren und filmen was das Zeug hergibt. Ein Hoch auf die digitale Fotografie! Einer der beiden Berge zwischen denen der Pass hindurch führte war der „Foggy Peak“. Schon als wir auf dem kleinen Parkplatz anhielten dachte ich darüber nach ob man da hoch gehen könnte. Es sah nicht besonders schwer aus. Nach kurzem hin und her überlegen unter Berücksichtigung der weiteren Tagesplanung entschieden wir uns dazu, unsere Trekkingschuhe auszupacken und den Aufstieg zum Gipfel (1700m) zu machen.
Nach dem wir kurz überlegt hatten welche Route wohl die beste nach oben sei ging es aufwärts. Und schnell ziemlich steil. Jetzt stellten sich erstmals auch konditionelle Unterschiede heraus. Bald hatte jeder sein Tempo und während Joe einen zügigen Schritt an den Tag legte, machte ich etwas kleinere Schritte, immer Andi vor mir im Visier. So kletterten wir von Minute zu Minute höher und bald hatten wir die Wolkendecke, die ziemlich tief in den Bergen fest hing, hinter uns gelassen und genossen bei gelegentlich zurück geworfenen Blicken einen tollen Ausblick.
Um es vorweg zu nehmen, wir sind leider nicht bis zum Gipfel gekommen. Es war wie so oft. Das, was wir von unten als Gipfel ausgemacht hatten sollte sich nur als Vorsprung heraus stellen. als zuerst Joe, dann Andi und schließlich auch ich, dort ankamen und uns umdrehten, wurden wir mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt. Um uns herum breiteten sich zwei Täler aus. Das eine war lang gestreckt bis in die Ferne und bewachsen mit braunem und grünem Gras, hin und wieder unterbrochen durch ein paar Felsen und Bäume. Durch das anderen schlängelte sich ein blau-grüner See der von Wald umgeben war. Und rund herum erhoben sich andere majestätische Gebirgszüge. Waahnsinn!! Dieser Aufstieg hatte sich definitiv gelohnt, auch wenn wir erst auf ca. 1500m und damit 200m unterhalb des Gipfels waren. Auch dort oben haben wir natürlich ein paar tolle (und schräge) Fotos für euch geschossen.
Nachdem wir die Landschaft um uns herum gebührend bestaunt hatten machten wir uns auf den Weg nach unten, für den wir etwa die Hälfte der Zeit benötigten, die wir nach oben gebraucht hatten. Erschöpft (und völlig durchnässt) aber glücklich unten angekommen setzten wir unsere Fahrt durch Rohan und andere Herr-der-Ringe-Locations fort.

Das ist nämlich zur Zeit die beste Beschreibung für die Landschaften, die wir hier zu Gesicht bekommen. Aber wir möchten uns nicht auf diesen Verweis beschränken. Es ist bloß unglaublich schwierig das Gesehene in Worte zu fassen. Immerhin können wir euch Fotos zeigen. Ganz unterschiedlich ausgeprägte Gebirgszüge umranden glasklare bis mildgrüne Seen. Dann wieder überquerten wir riesige trockene Flussbette durch die sich vor Jahrzehnten, vielleicht Jahrhunderten, reißende Ströme geschlängelt haben müssen und in denen heute noch ein vergleichsweise kleines Flüsschen dahin plätschert. Und das ist wirklich eine schlechte Beschreibung für die wunderbaren Dinge, die wir hier sehen dürfen.

Überwältigt, von der Schönheit des Landes und des guten Wetters entschieden wir uns spontan an einem der Seen zu campieren. Während Joe und Andi mal wieder ihr Anglerglück auf die Probe stellten, baute ich das Zelt auf und fuhr in den nächstgelegenen Ort (27km) um ein paar unerlässliche Dinge für den Abend unter freiem Himmel zu kaufen. Dann suchten Joe und ich nach etwas Feuerholz während Andi sich bei einem Nickerchen im Auto von den Strapazen des Tages erholte. Anschließend stieg Joe wieder ins Wasser und ich bereitete die Feuerstelle für das abendliche Mal vor. Auf der Speisekarte stand eigentlich gegrillte Forelle, doch auf Grund schlechter Ausbeute blieb es bei geröstetem Toastbrot und einer äußerst ungewöhnlichen Chips-Kreation der Geschmacksrichtung „Hühnchen-Zitrone-Thymian“. Der Abend am Feuer war dennoch genial und so verbrachten wir unsere erste Nacht im Freien.

Am nächsten Morgen wurde ich von den Regentropfen die auf’s Dach vielen (ich hatte mangels Schlafsack im Auto übernachtet), geweckt. Mit ein wenig steifen Gliedern stiegen wir aus unseren Schlafgemächern und packen unsere sieben Sachen zusammen. Unser Etappenziel für diesen Tag hieß Franz Josef. Ja genau, Franz Josef. Den Namen hat das Dorf vom nahe gelegenen Gletscher, dem Franz-Josef-Gletscher. Dieser ist zusammen mit dem auch nicht weit entfernten Fox-Gletscher einer der größten Touristenmagneten an der Westküste. Das liegt vor allem daran, dass er sehr gut zu erreichen und es am Fuße des Gletschers nicht mal besonders kalt ist. Außerdem gibt es auf der ganzen Welt keine Gletscher, die so nahe an eine Küste heran kommen.

Auf dem Weg nach Franz-Josef ging es über Greymouth, wo wir kurz einen Kaffee und einen Snack zu uns nahmen und im weiteren Verlauf über Shantytown. Das Dorf Shantytown ist ein Überbleibsel der Neuseeländischen Goldrauschzeit. Mitte des 19. Jahrhunderts fanden zwei Siedler in einem Fluss die ersten paar Gramm Gold. Daraufhin zog es immer mehr Reichtum Suchende auf die Südinsel. Diese Zeit wird in Shantytown für den Besucher aufrecht erhalten. Nachdem wir eine Fahrt mit der originalen Eisebahn samt toller Dampflokomotive genossen hatten, konnten Andi und Joe auf dem Claim ihr Geschick und ihre Geduld beim Gold waschen unter Beweis stellen. Um ein paar Gramm des edlen Metalls und einige fachmännische Goldgräber-Ratschläge reicher kehrten wir zum Dorf zurück um uns den Rest des Lebens im wilden Neuseeland-Westen anzusehen. In einem alten Gutshaus fand Joe ein altes verstimmtes aber sonst intaktes Piano und gab, zum Erstaunen einiger Touristen gleich eine kleine Kostprobe seines Könnens zum besten.

Da es schon 17 Uhr war und wir bis Franz Josef noch einige Kilometer vor uns hatten machten wir uns zügig auf den Weg dorthin. Doch nach ca. 20 Kilometern wurden wir abrupt gestoppt. Joe vermisste sein Portemonnaie. Da das Ende der Welt ein ziemlich ungünstiger Ort ist, um sein Portemonnaie, natürlich mit allen wichtigen Ausweisen und Karten und einer nicht zu verachtenden Summe Bargeld, zu verlieren suchten wir zunächst das ganze Auto ab und fuhren nach fruchtloser Suche zurück nach Shantytown. Die Tore desselben waren allerdings bereits geschlossen. Während Joe nichtsdestotrotz wagemutig die eisernen Pforten überquerte um auf dem Parkplatz zu suchen fuhren Andi und ich die 2 km zur nächsten kreuzung noch mal ab. Wir vermuteten, dass Joe die Börse bei Abfahrt schlicht und ergreifend auf dem Autodach vergessen hatte. Der Geldbeutel tauchte an diesem Abend allerdings nicht mehr auf.
Mit leichter Verzögerung trudelten wir dann um kurz vor neun in Franz Josef ein und checkten in ein nettes Hostel ein. Joe führte noch ein paar Telefonate zwecks seines Portemonnaies. Bei einem Anruf bei der Polizei in Greymouth stellte sich dann schließlich heraus, dass die Börse dort abgegeben wurde. Erleichtert suchten wir nach einem dringend nötigen Abendsnack. Nach diesem entschieden Andi und Joe noch ein Bier in der Hostel-Komplex-eigenen Bar zu trinken. Ich verkrümelte mich derweil auf unser Zimmer um Sarah was liebes zum Valentinstag zu schreiben. Ach ja, hab ich erwähnt, dass in der Bar Valentinsparty war. Wenn ich mich recht entsinne war der Slogan „No-Clothes-Party – Every Costume welcome, as long as it’s no clothes!“ Komisch, die beiden haben gar nichts erzählt hinterher. :-)

Während Joe sich früh am nächsten Morgen ins Auto setzte um die 180 km nach Greymouth zu fahren um sein Portemonnaie ab zu holen, machte Andi einen Spaziergang zum Franz-Josef-Gletscher. Ich blieb im Hostel, da ich meine Trekking-Boots reinigen und Wäsche waschen wollte.

Als Joe um kurz nach eins wieder bei uns eintrudelte setzten wir unseren Weg fort und fuhren zum Fox-Gletscher, den wir bei gutem Wetter ausgiebig begutachteten. An dieser Stelle sei gesagt, dass man hier auch ein bisschen nachdenklich werden kann. Die beiden Gletscher sind in den letzten fünf Jahrzehnten um die gleiche Anzahl von Metern geschrumpft wie in den 200 Jahren davor. Das ist ziemlich traurig wenn man sich vor Augen hält, was für ein unglaubliches Naturwunder das ist. Denn auch die Bilder die wir hier zu Gesicht bekamen waren einfach atemberaubend.

Nachdem wir uns den Gletscher angeschaut hatten, ging es weiter zum Lake Matheson. Das ist einer der schönsten Seen der Umgebung und Motiv vieler Postkarten. Und als wir unseren Rundgang um den See, der ca. 1 ½ Stunden dauerte, beendet hatten wussten wir auch, warum. Der See ist berühmt für Fähigket die umligenden Wälder und Gebirgszüge zu spiegeln. Und tatsächlich gelangen uns ein paar Bilder die man ohne weiteres als Postkarte verkaufen könnte. Aber seht selbst auf den Fotos.

Jetzt war es allerdings schon wieder fast 17 Uhr und da wir irgendwann am Wochenende in Queenstown sein wollen, beschlossen wir ein paar Kilometer zu machen und ins 120 Kilometer südlich entfernte Haast zu fahren. Der Weg dorthin führte über grüne Ebenen, geschlungene hügelige Waldstraßen über die Klippen der Küste, hoch über dem Ozean. Mittlerweile war es acht und wir wurden auf unseren letzten 50 km nach Haast mit einem unglaublich tollen Sonnenuntergang belohnt (wofür auch immer :-) ). Das war der krönende Abschluss des heutigen Tages.

Um halb zehn kamen wir schließlich in Haast an. Dieser Ort hat wenn’s hoch kommt, 50 Einwohner. Allerdings trotzdem zwei Hostels und wir fanden tatsächlich auch um diese Uhrzeit (hier werden um acht die nicht vorhandenen Bürgersteige hochgeklappt) drei freie Betten in einem kleinen Hostel. Dort saßen wir in einer Art Safari-Lounge bei einem Kaffee, schrieben euch und begutachten, erneut, voller Staunen die Fotos, die wir in den letzten beiden Tagen gemacht haben. Die Besten haben wir natürlich wie immer für euch zusammengestellt.

Morgen Abend werden wir aller Voraussicht nach in Queenstown ankommen. Auch, oder gerade, von dort dürft ihr euch auf ein paar sehr spannende Berichte freuen.

So, ich geh’ jetzt dahin, wo die anderen beiden auch schon seit einer halben Stunde sind – in’s Bett. Also macht’s gut Freunde, schaut euch die hübschen Fotos an und werdet uns nicht zu blass dabei. Stand uns auch nicht. :-)

Bis demnächst!



Reini!

Keine Kommentare: